„Open“ hier, „Open“ da – OpenAI, Open Source, Open Weights. Alles klingt ähnlich, meint aber etwas völlig anderes. Aber Hand aufs Herz: Wer kann wirklich erklären, was der Unterschied ist? Zeit also, etwas Ordnung in den Begriffs-Dschungel zu bringen.
Silvan Vifian – 08. September 2025
Am Ende geht es um Vertrauen, Nachvollziehbarkeit und Abhängigkeiten. Stellt euch vor, ihr sitzt in einem Restaurant: Manchmal bekommt ihr nur das fertige Gericht serviert – keine Ahnung, was drin ist. Manchmal erzählt euch der Koch immerhin die Zutaten. Und manchmal legt er euch das ganze Rezeptbuch auf den Tisch, damit ihr es zu Hause nachkochen könnt.
Mit KI-Modellen verhält es sich genauso. Je nachdem, wie offen oder geschlossen Firmen ihre Modelle veröffentlichen, habt ihr mehr oder weniger Einblick und Kontrolle.
Bevor wir die Unterschiede anschauen, lohnt es sich zu verstehen, wie ein KI-Modell überhaupt entsteht.
Am Anfang stehen gigantische Mengen an Daten: Texte, Bilder oder Videos, die gesammelt, gefiltert und vorbereitet werden. Denn schlechte Daten führen zu schlechten Ergebnissen oder zu einseitigen Verzerrungen (sogenannten Biases). Im Marketing kann das heissen, dass ein Modell bestimmte Zielgruppen schlechter versteht oder unbeabsichtigt Klischees verstärkt.
Danach entscheiden Forschende, welche Architektur das Modell haben soll – hier gibt es verschiedenste Techniken, die sich über die Jahre entwickelt haben. Die allermeisten heutigen Spitzenmodelle in der generativen KI basieren auf der sogenannten Transformer-Architektur.
Dann folgt das Training: Man kann sich das vorstellen wie ein riesiges Probierlabor. Das Modell wird mit den Daten gefüttert, macht Vorhersagen, überprüft diese und korrigiert sich selbst – Millionen Male, bis es Muster erkennt. Dabei entstehen die sogenannten Weights & Biases, also Milliarden von Zahlen (Parametern), die festlegen, wie das Modell auf Eingaben reagiert. Zwischenergebnisse (sogenannte Checkpoints) werden gespeichert und später die beste Version ausgewählt.
Am Ende wird das Modell noch feinjustiert, oft auch mit menschlichem Feedback, damit es sich natürlicher verhält. Das fertige Modell ist also eine Instanz, in der die besten Parameter geladen sind.
Und jetzt zum entscheidenden Punkt: Was davon landet eigentlich draussen in der Welt?
Proprietary AI: Hier bekommt ihr nur das fertige Modell. Firmen wie OpenAI mit GPT-4/5, Anthropic mit Claude oder Google mit Gemini lassen euch die Modelle nutzen – meist über eine App oder API –, aber die Techniken, Trainingsdaten und Parameter bleiben geheim. Auch im Bild- und Videobereich sind Midjourney, Runway, Sora oder Kling proprietär. Das ist bequem und leistungsstark, aber ihr seid völlig abhängig vom Anbieter: Preise, Datenschutz und künftige Funktionen liegen nicht in eurer Hand.
Die Gründe für diese Geschlossenheit sind nachvollziehbar: Firmen wollen ihre Geschäftsgeheimnisse schützen und verhindern, dass ihre Modelle für schädliche Zwecke missbraucht werden.
Open Weights: In diesem Fall werden die Gewichte (Weights & Biases) und die Architektur des Modells veröffentlicht. Das heisst, ihr könnt es selbst betreiben oder sogar mit euren eigenen Daten weitertrainieren. Was fast immer fehlt, sind die Original-Trainingsdaten – dadurch bleibt unklar, warum ein Modell etwas weiss oder gewisse Dinge tut. Oft wird noch unterschieden zwischen „restricted“ (nur für Forschung) und „unrestricted“ (frei auch für kommerzielle Zwecke). Beispiele sind Llama 3 von Meta, Mistral oder Flux.1. Für viele Agenturen ist das ein spannender Mittelweg: Man gewinnt Flexibilität und Unabhängigkeit, ohne gleich alle Performance-Einbussen zu haben, die es heute im Open-Source-Bereich noch gibt. Wichtig ist: Auch wenn der Name „Open“ suggeriert, alles sei frei zugänglich – wirklich transparent ist ein Open-Weights-Modell nicht, da die Datenbasis im Dunkeln bleibt.
Open Source AI: Die absolute Transparenz – nicht nur die Gewichte, sondern auch der Code und oft sogar Trainingsdaten werden veröffentlicht. So kann jede Person das Modell nachbauen, prüfen und verändern. Beispiele sind BLOOM oder das neue Schweizer Modell Apertus. Für den Marketingalltag spielen diese Modelle aktuell noch eine kleinere Rolle, weil sie oft weniger leistungsfähig sind oder viel technisches Setup erfordern. Das Potenzial hier ist aber gross.
Ein Blick in die Praxis zeigt: So offen, wie es oft klingt, sind die grossen Player selten. OpenAI ist trotz des Namens fast komplett geschlossen. Meta und Mistral setzen auf Open Weights. Anthropic oder auch Googles Gemini/Veo sind klar proprietär. Und im kreativen Bereich bleiben Midjourney, Runway, Sora oder Kling streng unter Verschluss. Nur wenige wie Flux oder Hunyuan gehen den Open-Weights-Weg, welche durchaus brauchbare Resultate generieren. Performante Open-Source-Modelle haben wir im GenAI-Bereich leider noch nicht gesehen.
Dass viele Firmen so verschlossen bleiben, hat auch rationale Gründe: Neben dem Schutz geistigen Eigentums spielen auch Sicherheits- und Missbrauchsbedenken eine grosse Rolle.
Proprietäre Modelle sind unschlagbar, wenn es um Komfort und Performance geht. Wer einfach und schnell starten will, fährt damit sehr gut. Open Source ist interessant, wenn maximale Transparenz und Kontrolle gefragt sind – aber das ist eher ein Spezialfall.
Besonders spannend für Marketing-Anwendungen sind Open Weights. Sie erlauben es, Modelle mit eigenen Daten zu verfeinern, etwa über LoRA-Trainings, um sie auf eine Marke, eine Bildsprache oder spezifische Kampagnen anzupassen. So entsteht ein KI-Modell, das wirklich zu euch passt, anstatt nur ein generisches Werkzeug zu sein. Genau hier liegt aktuell viel Innovationspotenzial für Agenturen.
Am Ende ist es wie beim Kochen: Manchmal will man einfach nur essen, manchmal die Zutaten kennen – und manchmal selbst den Kochlöffel schwingen.
Und wenn ihr Lust habt, selbst zu kochen oder zumindest mitzuwürzen: Wir bei Beyond Dreams helfen euch gerne dabei. Gerne helfen wir aber auch als Restaurantführer, wenn es für den Moment was Fertiges sein soll.
Definition OpenSource AI: https://opensource.org/ai/open-source-ai-definition
Definition OpenWeights AI: https://opensource.org/ai/open-weights
Schweizer OpenSource Model Apertus: https://www.swiss-ai.org/apertus
OpenAI OpenWeight Model: https://openai.com/de-DE/index/introducing-gpt-oss/
GenAI Disclaimer: Die Recherche, Storyline und Argumentation wurden vom Autor erarbeitet. Ein proprietäres Sprachmodell wurde verwendet, um das Rohmaterial in einen leserfreundlichen Text zu überführen.